ROCK AM RING 2024 mit DIE ÄRZTE, QUEENS OF THE STONE AGE u.v.m. (Teil 1/3)
Freitag, 07. Juni 2024 – das Warten hatte ein Ende!
Woche für Woche stieg die Vorfreude auf ein besonderes Festival-Highlight: Rock am Ring. Die Veranstalter verbuchten in diesem Jahr ein sattes Besucherplus. 80.000 Fans fieberten den Auftritten vor 71 angesagten Acts auf drei Bühnen entgegen. Zum zweiten Mal in Folge meinte es der Wettergott gut mit uns. Bei frühlingshaften Temperaturen und strahlend blauem Himmel steuerten wir den Nürburgring an, der sich erneut in eine riesige Festivallandschaft verwandelt hat.
Imposanter Auftakt
Die Texaner von Fit for a King gastierten zum ersten Malbei Rock am Ring. Direkt beim ersten Song „The Hell We Create“ lernte ein Engländer neben mir eine wichtige Lektion: Bei nahenden Crowdsurfern sollte man sich nicht mit dem Bier in der Hand vor dem halbwegs angespannten Körper über einem wegducken, sondern besser mit anpacken. Natürlich kippte sein Becher um und der durstige Besucher bescherte seinen direkten Mitmenschen und sich selbst eine hopfige Bierdusche. Frisch „getauft“ war man also fortan damit beschäftigt, die muntere Crowd zu unterstützen und zwischendurch all die Ringrocker über einem weiterzureichen. Mit ihrem melodischen Metalcore gewann die Band auf Anhieb einige neue Fans hinzu. Für einen Hingucker sorgte Ryan „Tuck“ O’Leary, als er seinen Bass mit ansteigendem Schwung um seinen Hals kreisen ließ. Mit dem Track „When Everything Means Nothing“ hinterließ uns das Quartett einen einprägsamen Ohrwurm, der den äußerst positiven Eindruck fest verankerte. Zum Abschied formte Sänger Ryan Kirby mit seinen Händen ein Herz „We love you, Germany!“
Zum Greifen nahe
Auch die ††† (Crosses) traten erstmalig auf der Rennstrecke auf. Chino Moreno, den Sänger der Deftones lernten wir nun von einer ganz anderen musikalischen Seite kennen. In klarem Weiß erstrahlten die drei Kreuze des Bandlogos als Lichtelement inmitten der Bühne. Für die passende Stimmung zündete Shaun Lopez ein Räucherstäbchen an. Mit einer roten Sonnenbrille und weißen Socken enterte der begnadete Sänger die Mandora Stage. Ihre tanzbare, elektronische Musik reicherte das Duo mit harten Gitarrenriffs an. Trotz des ungewohnten Sounds ging die Stimme des Fronters direkt unter die Haut. Chino strotze vor Energie. Er vereinnahmte die komplette Länge der riesigen Bühne, sprang in die Luft und tanzte ausgelassen umher. Drei vermeintlich hart wirkende Kerle neben mir riefen entzückt „Tino, we love you!“ Dieser riss sich die wärmende Wollmütze vom Kopf und kippte sich ohne zu zögern eine Flasche Wasser über den Kopf. Engagiert schnellte er in den Fotograben und war seinen Fans in der ersten Reihe ganz nahe. Vergnügt schüttelte die Rock-Legende einige Hände. Mit dem sphärischen Titel „Option“ beschlossen die Kalifornier ihr gelungenes Set.
Praktisches
Bezüglich der Bezahlweise setzt man im Infield übrigens seit einigen Jahren auf ein etabliertes Cashless System. Der Chip im Festivalbändchen lässt sich an zahlreichen Stationen oder auch per QR-Code stressfrei aufladen. In der App behält man seine Ausgaben übersichtlich im Blick und selbst der Pfand wird einfach zu- und abgebucht. Restliches Guthaben lässt man sich nach dem Festival zurücküberweisen. Kulinarisch wurde eine breite Auswahl an üblichen und besonderen Speisen geboten. Immer mehr Foodtrucks mischen sich mittlerweile unter die üblichen Verpflegungsstände und somit kann man sich auch mal Süßkartoffelwaffeln mit variantenreichen Toppings, gesunde Bowls oder ein duftendes, indisches Mahl gönnen. Wer die stolzen Festivalpreise für die Verpflegung in Schach halten wollte, konnte sich beim Lidl Rockstore zu üblichen Discounterpreisen eindecken. Die eigens für Rock am Ring entstandene „Filiale“ versorgt die Besucher seit dem Jahr 2015 mit allem, was das Festivalherz begehrt. Allein acht komplette LKW-Ladungen voller Bierpaletten wurden für die durstigen Rocker angekarrt.
Gute alte Bekannte
Auf der Hauptbühne erwarteten uns nun die Stoner Rocker Queens of the Stone Age. Gleich zu Beginn erklang die kernige Melodie ihres all-time Hits „No One Knows“. Dabei umrahmte eine dreieckförmige Lichtinstallation das Quintett. Im Sonnenuntergang blickte Josh Homme auf eine nicht enden wollende Fanschar, soweit das Auge reichte. Erst in den Abendstunden zeigte sich, wie viele Besucher tatsächlich vor Ort waren. Tagsüber verteilte sich die Menge teils noch auf die umliegenden Campingareas. Mittlerweile erwies sich die Ampelzugangsregelung für die vorderen Bereiche der Utopia Stage als äußerst sinnvoll. Troy van Leeuwen lenkte die volle Aufmerksamkeit auf sich, als er eine Doppelhalsgitarre bespielte. „Sick, Sick, Sick“ heizte den Pits ordentlich ein. Und Josh wirkte selig: „We’re having a wonderful time.” Midtempo-Nummern wie „Smooth Sailing“ und „Emotion Sickness“ ließen die quirlige Menge für einige Momente durchatmen. „Little Sister“ zündete dann aber erneut ein Pogo-Feuer. „Make It Wit Chu“ überraschte mit einer knackigen Bass-Einlage des Rolling Stones Klassikers „Miss You“. Gitarrenaffine Fans kamen bei diesem spielfreudigen Gig voll auf ihre Kosten.
Selbst die Sanitäter rückten zusammen
Die Ärzte fackelten nicht lange. Obgleich ihnen eine Spielzeit von 2:15 h bevorstand, hatten sie ein prall gefülltes Set in petto. „Deine Schuld“ animierte die Ringrocker gleich zu Beginn enthusiastisch mit einzustimmen. Wie üblich, unterhielten Farin Urlaub und Bela B. ihre Fans zwischen den Songs mit ihren humorvollen Dialogen. Letzterer trat auch gerne nach vorn „Sagt mir, wer ist der Schönste in diesem Land?“ – Farin Urlaub hatte die passende Antwort: „Halt die Fresse und spiel!“ Farin wollte ein Gefühl für die Menschenmenge bekommen und bat freundlich um eine La-Ola Welle. Kurzum erfüllte ihm das Publikum seinen Wunsch und nahezu bis zum Riesenrad gingen nach und nach die Arme der Besucher in die Höhe. „Danke, ihr seid viele! Weil ihr viele seid, könnt ihr vieles richtig machen in diesem Land. Wählt bitte keine Arschlöcher.“
Bela B. präsentierte uns hierzu seinen selbst komponierten Song „Doof“. Während der humorvolle Drummer der abendlichen Kälte in einem schicken Einteiler trotzte, setzte Farin im Laufe des Sets auf einen wärmenden Schal und heißen Tee. „Ich bin nicht der beste Gitarrist der Welt und eines kann ich euch verraten: Mit kalten Fingern wird es nicht besser.“ Der elektronisch angereicherte Titel „Lasse redn“ versetzte uns alle in erwärmende Wallung. „Das nächste Lied ist aus einer Zeit, in der wir das Leben total scheiße fanden.“ „Herrliche Jahre“ führte uns folglich die anstrengenden Phasen des Erwachsenwerdens vor das innere Auge. Ein bemerkenswertes Lichtermeer formte sich zum passionierten „Schrei nach Liebe“. Während des Zugabenblockes genoss eine Reihe Rettungssanitäter Arm in Arm aneinandergereiht einen besonderen Moment. Mit der ulkigen Grindcore-Nummer „Dauerwelle vs. Minipli“ beschloss der „einzig wahre Gott“ in Form von Bela, Farin und Rod den mitreißenden Auftritt der Ärzte. 30 Songs haben sie ihren Fans gegönnt. Mehr konnte man wahrlich nicht erwarten.
Hochkarätiges Late-Night-Special
Weit nach Mitternachtboten die Veranstalter den Besuchern noch ein besonderes Brett: Avenged Sevenfold. Die Kalifornier reichern ihre Genre-Mischung aus Heavy Metal, Hard Rock und Metalcore mit ihrem progressiven Stil an. Mit Synyster Gates haben sie immerhin einen Mann in ihren Reihen, der bereits zweimal zum besten Metal-Gitarristen der Welt auserkoren wurde. Zu Beginn erklang der Synthwave-Song „Nightcall“ von Kavinsky. „Sevenfold“-Rufe gesellten sich umgehend hinzu. Bühne frei für „Game Over“ vom aktuellen Album der Band. Sänger M. Shadows saß mit einer finsteren Sturmhaube bedeckt inmitten der Bühne auf in einem Sessel. Er wirkte, als ließe er den knallharten Sound einfach über sich ergehen und sang dazu „Well on my way, my way to lose me. It strikes me that I don’t belong here anymore.” Nach seinem lieblichen Part in dem Track, wich seine bedrohlich wirkende Maske und wir konnten auch das Gesicht des Frontmanns wahrnehmen. Eine Double Bass Drum leitete den Titel „Matter“ ein. Wirksam bäumte sich der Sound auf, während auf der riesigen LED-Leinwand ein Haus in Flammen stand. „Tonight, we’re gonna have some fun. We’re gonna play also some new shit. For our friends in the ring: ,Hail to the King’, Baby!” Die komplex arrangierten Stücke von Avenged Sevenfold weckten die Faszination der Zuschauer. Ihr Banger „Nightmare“ löste dann aber doch noch einige raue Pits aus.
Mit müden Beinen und eingemummelt in einen Wintermantel zog ich den Rückzug an. Nun galt es, die eigenen Akkus wieder aufzuladen. Der zweite Festivaltag hatte schließlich allerlei Highlights und gar einen berühmten Hollywoodstar zu bieten.
Text: Nadine Kloppert
Photos: Micha Gamon, Sandro Griesbach (Queens of the Stone Age)